Aus dem Leben eines Parkplatzes
In dieser Ausgabe lassen wir die Menschen auf dem Park Platz über den Park Platz sprechen. Ein paar Anekdoten zum Leben am Letten.
“Ich kreuze mit Freunden gegen den Wind auf dem Zürichsee und geniessemeine Segelferien. Da geht mein Handy. Gian vom Park Platz ist dran. Er muss nochmals zum x-ten Male wieder zig angepasste Baupläne für die Lettenbrache einreichen, die ich dringend unterzeichnen muss. Also kommt er angerudert und wir unterschreiben was das Zeug hält. Dass ein simpler Bau-Container für den Park Platz, eine ganz normale Baubewilligung braucht, eine wie z.B. die für ein neues Fussballstadion, können wir beide nicht begreifen. Da gibt’s keine Ausnahme,Zwischennutzung hin oder her.AnderthalbJahre und gefühlte tausend Unterschriften später sind die Bewilligungen endlich im Kasten und wir beide sind klüger: Das nächste Mal bauen wir auf dem Park Platz lieber gerade ein Fussballstadion. Wir wissen ja jetzt, wie das geht.”
„D’Schissi lauft immer ab“, brüllte Ursmit kritischem Blick und Zigarette im Mundwinkel und trieb uns damit beinahe in den Wahnsinn. Wir versuchten an diesem nasskalten Wintertag den Anschluss unserer zukünftigen Toiletten, die bisher erst leuchtfarbige Markierungen auf Betonwaren, ans Kanalisationsnetz der Stadt fertigzustellen. Dazu mussten wir mitten durch den Park Platz einen schmalen, rund zehn Meter langen Graben ausheben und darin dann die Abflussrohre aus dickem, schwarzem Hartplastik einbetonieren. Und das nicht irgendwie sondern streng nach Vorschrift mit zehn Grad Gefälle. Die Stadt würde den umbau sonst nicht abnehmen, wir müssten die Rohre professionell verlegen lassen und dafür hatten wir natürlich kein Geld. Also versuchten wir uns im mühseligen Verlegen der Rohre und trotz der Hilfe eines futuristischen Laser-Neigungsmessers verschob sich ständig irgendwas und die zehn Grad Gefälle waren erneut dahin. Mehr als uns lieb war schaute uns Ursbei der Arbeit über die Schulter. Urs, der richtige Bauarbeiter, der auf der anderen Seite des Zauns den Kanalisationsanschluss für die Stadt bereit gemacht hat. Er erinnerte uns fleissig daran, dass wir uns also ziemlich umständlich anstellen würden und, dass die zukünftige Darmproduktion der Parki-Gäste dann ihren Weg auch finden werde, wenn wir nicht exakt zehn Grad Steigung hätten. Aber seine weisen Worte befreiten uns natürlich nicht von den Vorgaben der Stadt, was wirihm auch mit grosser Geduld zu erklären versuchten, ihn aber nicht im Geringsten beeindruckte. Wir fügten uns den bürokratischen Richtlinienund gaben nicht auf, bis wir schlussendlich die geforderten zehn Grad Steigung einbetonieren konnten.“
„Mir sind de ganzi Sunntig im Kafi gsässe bim Mitbring-Brunch. Es isch es gmüetlichs umesitze gsi, immer wieder vom feine Buffet esse, guete Kafi trinke, spieli spille und lache! Ich han eifach nöd chöne gaah, es isch sone warmi und lustigi Atmosphäre gsi –und so bini gueti acht Stund eifach chli im Parki Kafi gsi. Eimal hämmer „Wer bin ich“ gspillt, und d’Barista isch zwüschetdurre mitem Zetteli ufde Stirn im Kafi umegschwirrt und hätt d‘Lüüt bedient. Natürli hätt‘s so müese cho, dass ei Kundin verwunderet luut de Name ufem Zätteli uf de Stirn vorlisst: „Globi“ -s’ganze Kafi hät luut glachet und es isch eifach köstlich gsi. Für mich wärdet ufem Park Platz ganz Fremdi lüüt zu Vertraute, mit dene mer lache und teile chan, öpis undernäh und öpis bewürke chan.“
„Zu meinen frühen und schönsten Erinnerungen gehört jener sehr verregnete Sommer, in dem der Minicircauf dem Parkplatz Letten gastierte. Stephan Dietrich und Irmi Fiedler führten «eine Road-Story zum Abhauen und Abheben» frei nach einem Buch von Silvio Blatter auf. Der Zürcher Schriftsteller sass bei der Vorstellung mitten im Publikum. Nach der Vorstellung entwickelte sich eine angeregte Diskussion, während zwischendurch der Regen auf das Zelt prasselte –und die Welt ein klein wenig still stand.“
„Wir schreiben das Jahr 2017, Anfang September. Der Park Platz feiert ein Sommerfest. Nach gefühlten zwei Monaten Hitzewelle sagt die Wetterprognose drei Tage vor dem Termin Übles vorher: Regen. Und noch mehr Regen. Das ganze Wochenende lang. Panisch beginnen alle von uns, herumzutelefonieren und Massnahmen zu ergreifen, um die Bescherung irgendwie noch abzuwenden oder zumindest erträglich zu machen. In der Stadt Zürich herrscht angesichts der Wetterlage ein Kampf um die Festzelte. Durch Glück, Beziehungen und andere Zufälle bringen wir es fertig, praktisch den ganzen Platz mit Zelten zu überdachen, das Areal wird zu einem riesigen Tunnel. Das Fest beginnt, das Programm geht von statten, es kommt die Sintflut –und die Menschen bleiben trotz Zeltlandschaft fern. Fast schon im privaten Rahmen feiern wir also umso feuchtfröhlicher, mampfen die ganzen Empanadas, Grillwaren und Tandoori-Spiesse selber. Wir tanzen so wild bis sich unser Schweiss mit dem Regen vermischt.“
„Auf in den Kampf, Kameraden“, schrie Barba zu ihren Freunden und so rannten die heiligen drei Ratten in Pfeilformation quer über den Park Platz in Richtung dieses grünen Containers. Barba an der Spitze, flankiert von Rauz und Bauz galloppieren sie quiekend zwischen Menschen-und Tischbeinen umher und stibitzen, was unverantwortungsvoll am Boden liegt. Öpfelbütschgis, Teebeutel und ab und zu sogar ein paar Brotbrösmeli. Die jahrelange Übung im urbanen Tortillakrieg macht sich bezahlt. Die raffiniertesten Fallen mögen die Ratten-Gang nicht in ihre Fänge locken und so treiben die drei eine Zeit lang ihren Unfug am Letten. Doch eines Tages, da liess Gambrinus aus dem Turm sein Haar herunter und Barba, Rauz und Bauz konnten dem rosigen Duft des lockigen Haares nicht widerstehen und verschwandenfür immer in die Höhen des Turmes.Sie werden nicht vermisst.“
„Dä Parki isch für mich en Ort voller Lebe! En Ort, wo sich jede mit ere guete Absicht chan beteilige –ob Ukulele Stundä gäh, Velos für Flüchtling sammle oder Kleider tuusche –es isch en Ort wo eim fascht alli Möglichkeite offestönd! Es isch en Ort zum sii, zum sich iihbringe, zum nahdenke und zlerne,en Ort wo mer sich chan d’seel us em Liib tanze aber wo mer au chan verantwortigsbewusst teilnäh ah vielne nachhaltige Events. De Parki isch für mich eifach en Ort, wo mer immer mitme ehrliche Lächle begrüesst wird.“